Wie können Unternehmen aus den Bereichen Medien und Filmindustrie Frauen gerechter darstellen? Diese Frage war nur eine, die beim diesjährigen EqualVoice Summit in Zürich diskutiert wurde. Der Summit versammelte Vertreter aus der Welt der Zeitungen und Onlineportale, aber auch Produzentinnen und Schauspieler sowie Vertreter der Werbeindustrie.
Im Kern der Debatte: Wie können Frauen und Männer auf den verschiedenen Plattformen fair dargestellt werden? Wie können neue Zielgruppen mit einem Fokus auf Diversität erreicht werden? Und welche Verantwortung haben Medienunternehmen auf diesem Weg?
Stargast des Abends war die US-amerikanische Schauspielerin Geena Davis, die mit ihrem Geena Davis Institute on Gender in Media viele Daten und Forschungsbeiträge zum Thema geliefert hat. Das Institut hat mehrere gross angelegte Studien zur Darstellung von Geschlechterrollen in der Entertainmentindustrie durchgeführt. Eine Studie analysierte die Unterschiede in den Sprechrollen für Männer und Frauen sowie die Art der Rollen, die Männer und Frauen auf der Leinwand verkörperten.
Die Forschungen kamen zu dem Schluss, dass weniger als ein Drittel der sprechenden Charaktere (sowohl reale als auch animierte) von Frauen gespielt wurden. Eine andere Studie betrachtete Geschlechtsunterschiede sowohl in den Medien als auch hinter den Kulissen der Medienproduktion. Auch hier wurden Benachteiligungen von Frauen festgestellt.
Weniger Sichtbarkeit für Frauen
Daten aus den Bereichen Film, Kultur und Museen lieferte beim EqualVoice Summit auch Carolina Müller-Möhl, die die Forschung im Bereich Gender Equality auf vielen Ebenen vorantreibt. So werden über 90 Prozent der klassischen Konzerte von Männern dirigiert, auch in Museen dominiert die männliche Perspektive, sei es bei ausgestellten Künstlern aber auch bei Kuratoren und Direktoren.
Und Maria Furtwängler, Schauspielerin und ehemalige Ärztin, lieferte Daten aus dem Bereich der Filmindustrie, die sie mit ihrer Malisa-Stiftung erhoben hat. Auch hier zeigte sich eine deutliche Unterrepräsentation von Frauen, etwa bei Produzentinnen oder Expertinnen, die im Fernsehen vorkommen.
Helen Hoehne, Präsidentin der Hollywood Foreign Press Association, gab einen Einblick in ihre Arbeit bei den Golden Globes, eine der renommiertesten Preise der internationalen Entertainmentindustrie. Sie versucht das Thema Diversität und Gender bei der Zusammensetzung der Jury, die die Preise vergibt, genauso zu berücksichtigen wie bei Filmen, die für den Preis nominiert werden. Und trotz viel Anstrengung ist die Diversität in Hollywood und bei den Filmstudios noch lange nicht da, wo sie sein sollte.
Zudem gab Hoehne Denkanstösse, warum sich die ganze Industrie mit dem Thema Diversität befassen muss. Junge Menschen, die pausenlos Content auf Social Media hochladen, der ihre ganze Vielfalt und Diversität wiederspiegelt, wollen auch in Medien und Filmen Inhalte, die Gender und ethnische Vielfalt abbilden. Wer hier nicht reagiere, könne diese Zielgruppen künftig nicht mehr erreichen.
Internationales Netzwerk
Einig waren sich die Teilnehmenden des EqualVoice Summit, dass die Erhebung und Veröffentlichung von Daten zu diesem Gender Visibility Gap zwingend sind, um Schritte zu seiner Reduzierung zu setzen. Die Datenanalyse führt dazu, dass das Thema Gender und Sichtbarkeit von Frauen von einem Gefühlsthema zu einer faktenorientierten Diskussion gebracht wird. Genauso funktioniert die EqualVoice-Initiative von Ringier (Mitherausgeber der «Handelszeitung», Anm. d. Red.), die den Event organisierte und den Austausch und das internationale Netzwerk zum Thema Gender Visibility Gap fördert.
In der Schweiz geht es in drei von vier Medienberichten um Männer. Weltweit handeln laut dem Global Media Monitoring Project 2016 acht von zehn Artikeln von Männern. Deshalb hat Ringier 2019 die Initiative EqualVoice lanciert, deren Kernstück der EqualVoice-Factor ist: Mithilfe von künstlicher Intelligenz, einem eigens entwickelten semantischen Algorithmus, misst Ringier die Berichterstattung über Frauen in Artikeln, die von Ringier und Ringier Axel Springer Schweiz veröffentlicht werden.
Der EqualVoice-Factor setzt sich aus zwei objektiven Indikatoren zusammen: dem «Teaser Score», der die Sichtbarkeit von Frauen in Bildern, Überschriften und Titeln bewertet, und dem «Body Score», der zeigt, wie oft Frauen und Männer im Text eines Artikels erwähnt werden. Zusätzlich wird der «EqualVoice Frame» gepusht, der sich mit der qualitativen Messung beschäftigt. Gefragt wird: «WIE werden Frauen in unseren Medien dargestellt?»
Die EqualVoice-Initiative wurde von Ringier-Finanzchefin Annabella Bassler ins Leben gerufen und wird von Verleger Michael Ringier und Ringier-CEO Marc Walder unterstützt. Die gleichberechtigte Vertretung von Frauen und Männern in den Medien wird von der Ringier-Konzernleitung, den Schweizer Chefredaktionen und dem EqualVoice Advisory Board vorangetrieben.
Die Initiative EqualVoice konnte verkünden, dass nun auch Videos durch die KI ausgewertet werden können, die seit nunmehr schon drei Jahren alle Medien von Ringier, aber auch anderer Medienunternehmen auswertet und damit die Redaktionen auf dem Weg zu mehr Sichtbarkeit von Frauen unterstützt. Neu dazugekommen ist mit dem grössten kroatischen Verlag Hanza Media ein Unternehmen, das EqualVoice in seinen Publikationen implementieren wird.
Geprägt war der diesjährige EqualVoice Summit auch von der Sorge, dass die boomenden KI-Tools wie Chat GPT Gender-Stereotype zementieren, indem sie sich auf stereotype Darstellungen und Texte stützen. Léa Steinacker, die über das Thema KI und Gender-Diversität sprach, zeigte auf, welche Gefahren diese Entwicklung mit sich bringt, und zeigte Perspektiven und Lösungsansätze auf.