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PersonAlain Berset
Kein anderer Bundesrat hatte zuletzt einen solchen Einfluss auf die hiesige Wirtschaft wie Gesundheitsminister Alain Berset. In der ersten Corona-Welle fuhr er sie mit dem Gesamtbundesrat zwar herunter, danach wählte er jedoch einen liberaleren Weg als viele Länder. Dennoch wurde er von rechter Seite mit dem Vorwurf konfrontiert, sich wie ein Diktator zu verhalten.
Berset bezeichnet sich zwar als nicht «machtscheu», begegnet den Vorwürfen aber gerne mit einer Frage: «Wenn ich mit Kritikern spreche, frage ich sie jeweils, in welchem Land sie denn lieber gelebt hätten in den letzten Monaten. Ich habe noch nie eine Antwort erhalten.»Ob man ihm wohlgesinnt ist oder nicht: Schlecht hat Berset als «Corona-General» die Schweiz nicht durch die Krise navigiert. Der wirtschaftliche Einbruch war zwar stark, aber nicht so drastisch wie in anderen Ländern. Von sehr rigiden Massnahmen, zu denen etwa Österreich greift, hielt er bisher Abstand.
Als federführender Minister in Sachen Zertifikatspflicht ist auch aktuell sein Einfluss auf die Wirtschaft viel einschneidender als etwa jener des Wirtschaftsministers.Ohnehin, ein Wirtschaftsminister ist ja besonders dann gut, wenn er möglichst wenig macht. Das besagt zumindest ein Bonmot. Doch der Freiburger Sozialdemokrat hat in der Krise viel Verantwortung auf sich genommen. Und wird deshalb wie kein anderer bedroht. Man muss das aushalten können, als Magistrat, klar. Selbst eine Affäre um eine aussereheliche Beziehung brachte ihn nicht ins Wanken.
Gut möglich, dass er dem Bundesrat auch nach den Wahlen von 2023 erhalten bleibt.Sollte die Pandemie dann hoffentlich vorbei oder zumindest im Griff sein, hat Berset noch genügend offene Baustellen. Die grösste ist die Reform des wichtigsten Sozialwerks: der AHV. Nach einem langen Abstimmungskampf scheiterte 2017 seine Rentenreform. Eine Lösung braucht es dennoch, wenn Menschen immer länger leben und bald Tausende Babyboomer in Pension gehen. Berset wird kaum als Bundesrat abtreten wollen, ohne in dieser Frage zu einer Lösung beigetragen zu haben.
(Stand: Dezember 2021)