Wegweiser

KMU in der Corona-Krise: Was kann ich tun?

Von Beobachter und Handelszeitung
am 02.04.2020 - 09:53 Uhr
Quelle: Getty Images/iStockphoto

Teilen

Merken

Drucken

Article teilen

Die Corona-Pandemie stellt KMU vor grösste Herausforderungen. Das Geschäft ist geschlossen, der Umsatz bricht ein, das hat wiederum Folgen für die Zulieferer. Ein Domino-Effekt, den es mit allen möglichen Massnahmen aufzuhalten gilt. Die betroffenen Unternehmen kämpfen ums Überleben – dabei unterstützen wir Sie ganz konkret mit dem KMU-Krisenmanager.

Lohnkosten trotz Arbeitsverbot – alles zu Kurzarbeit und Entschädigung für Selbständige


Gut zu wissen: Kurzarbeit ist eine Massnahme, um vorübergehende Beschäftigungseinbrüche auszugleichen. Die vertragliche Arbeitszeit wird reduziert und das Arbeitsverhältnis bleibt bestehen. Sprich: Die Angestellten erhalten den Lohn trotzdem. Damit soll Arbeitslosigkeit verhindert werden, die Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben.

Im Zusammenhang mit dem Coronavirus ist die Anmeldung für Kurzarbeit administrativ erleichtert worden: Betriebe können Kurzarbeit anmelden, wenn sie den direkten Zusammenhang zwischen den Arbeitsausfällen und dem Auftreten des Coronavirus belegen und die Voraussetzungen für einen Anspruch erfüllen (siehe unten). Sprich: zum Beispiel ein Betrieb, der aufgrund der Pandemie schliessen musste, etwa ein Coiffeursalon. Oder ein Betrieb, bei dem wegen der Corona-Krise der Umsatz eingebrochen ist, etwa ein Zulieferer von nun geschlossenen Betrieben.

Wer ist in einem von Kurzarbeit betroffenen Unternehmen anspruchsberechtigt?

  • Grundsätzlich alle Angestellten, die für die Arbeitslosenversicherung (ALV) beitragspflichtig sind oder das Mindestalter für die Beitragspflicht in der AHV noch nicht erreicht haben.
  • Das gilt auch für ausländische Arbeitnehmer (zum Beispiel Grenzgänger), unabhängig von ihrem Wohnort und Aufenthaltsstatus.

Eine Mindestdauer der ALV-beitragspflichtigen Beschäftigung wird nicht vorausgesetzt. Sprich: Es genügt eine beitragspflichtige Beschäftigung im Zeitpunkt der Einführung und während der Kurzarbeit.
 

Das ist neu in der Corona-Krise

Der Empfängerkreis wird ausgeweitet: Neu kann die Kurzarbeitszeitentschädigung auch beantragt werden für

  • Angestellte in befristeten Arbeitsverhältnissen
  • Personen im Dienst einer Organisation für Temporärarbeit
  • Lernende (seit dem 31. Mai nicht mehr)
  • Angestellte auf Abruf – bei starken Schwankungen des Beschäftigungsgrads (mehr als 20%) gilt dies nur, wenn sie während mehr als sechs Monaten im Unternehmen gearbeitet haben
  • Arbeitgeberähnliche Angestellte, insbesondere Gesellschafter einer GmbH oder AG, die als Angestellte gegen Lohn in ihrem Betrieb arbeiten (seit dem 31. Mai nicht mehr)
  • Ebenso Personen, die im Betrieb des Ehegatten bzw. der eingetragenen Partnerin mitarbeiten (seit dem 31. Mai nicht mehr)

Nicht anspruchsberechtigt sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem gekündigten Arbeitsverhältnis stehen.

So kommen Sie zur Kurzarbeitsentschädigung

  • Beantragen Sie umgehend Kurzarbeit. Reichen Sie Ihre Anmeldung schriftlich auf dem Postweg mit dem speziellen Formular «Voranmeldung von Kurzarbeit COVID-19» bei der zuständigen Amtsstelle des Kantons ein, in dem sich der Betrieb befindet. In den meisten Kantonen ist diese Amtsstelle eine Abteilung der Volkswirtschaftsdirektion.
  • Das Formular «Voranmeldung von Kurzarbeit COVID-19» finden Sie als PDF zum Downloaden auf der Website der Amtsstelle in Ihrem Kanton oder hier.

Beispiel

Ein Betrieb führt für seinen einzigen Angestellten Kurzarbeit ein und reduziert das Arbeitspensum um 50 Prozent. Der Angestellte verdient für sein Vollzeitpensum einen Monatslohn von brutto 4000 Franken. Für die Kurzarbeit muss der Arbeitgeber dem Angestellten einen Bruttolohn von 3600 Franken pro Monat bezahlen (2000 für 50% Arbeit und 80% von 2000 für die ausgefallene Arbeitszeit von 50%). Die Kurzarbeitsentschädigung beträgt 80% des anrechenbaren Arbeitsausfalls, für diesen Betriebsinhaber also 1600 Franken.

Wichtig: Die Sozialversicherungsabzüge erfolgen vom vertraglich vereinbarten Lohn für die Normalarbeitszeit, damit die Rentenbildung und der Versicherungsschutz bestehen bleibt.
 

Das ist neu in der Corona-Krise

Der administrative Aufwand zur Anmeldung von Kurzarbeit ist kleiner geworden: Sie müssen in der «Voranmeldung von Kurzarbeit» viel weniger Fragen beantworten, neben Angaben zu Branche und Personalbestand etwa noch, was der Grund der Betriebsschliessung oder -einschränkung wegen behördlicher Massnahmen ist.

Zudem müssen Sie auch weniger Dokumente einreichen und auch die Begründung für die Einführung wurde vereinfacht. Es gilt ein milderer Massstab.

Nicht einreichen müssen Sie aktuell aufgrund der Erleichterung: das Formular «Zustimmung zur Kurzarbeit» sowie die Kopie des Handelsregisterauszugs.
 

Das ist ausserdem neu

  • Die Wartefrist (Karenzfrist) für Kurzarbeitsentschädigungen wird aufgehoben. Damit entfällt die Beteiligung der Arbeitgeber an den Arbeitsausfällen, Sie müssen die ersten Tage nicht mehr aus dem eigenen Sack bezahlen.
  • Die Begrenzung der Bezugsdauer auf vier Monate bei einem Arbeitsausfall von 85% ist für die Dauer der ausserordentlichen Lage aufgehoben.
  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen nicht mehr ihre Überstunden abbauen, bevor sie von Kurzarbeitsentschädigungen profitieren können.
  • Einkommen aus Zwischenbeschäftigungen wird neu nicht an die Kurzarbeitsentschädigung angerechnet. Das soll ein finanzieller Anreiz sein für Arbeitnehmende auf Kurzarbeit, in Bereichen mit aktuell hohem Personalbedarf eine Zwischenbeschäftigung anzunehmen.
  • Die Zustimmung der Angestellten zur Kurzarbeit ist nach wie vor nötig. Es genügt, aber derzeit die Bestätigung des Arbeitgebers, dass die betroffenen Arbeitnehmenden mit der Kurzarbeit einverstanden sind.

Achtung: Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 20. Mai beschlossen, die Voranmeldefrist wieder einzuführen.  Melden Sie die Entschädigung mindestens zehn Tage vor Beginn der Kurzarbeit an.


Weitere Erleichterungen

  • Arbeitgeber können die Höhe ihrer regelmässigen Akontobeiträge an die AHV/IV/EO/ALV anpassen lassen, wenn die Summe der Löhne wesentlich gesunken ist. Melden Sie Ihrer Ausgleichskasse die neue Jahreslohnsumme.
  • Ab sofort verzichten die Ausgleichskassen für die kommenden sechs Monaten darauf, Verzugszinse bei Teilzahlungen zu berechnen. Sie verzichten zudem bis Ende Juni 2020 auf Mahnungen für nicht bezahlte Beiträge.
  • Da für sämtliche Betreibungen vom 19. März bis 19. April 2020 ein Rechtsstillstand gilt, führen in diesem Zeitraum auch die Ausgleichskassen keine Betreibungen durch.
  • Durch die vereinfachte Abrechnung der Kurzarbeit können auch Vorschüsse auf Kurzarbeit vereinfacht und schneller bezahlt werden.

Die Verordnung des Bundesrats über Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung im Zusammenhang mit dem Coronavirus tritt rückwirkend ab dem 17. März in Kraft und gilt für sechs Monate.

Merkblätter für Arbeitgeber zum Thema Kurzarbeit im Zusammenhang mit der Corona-Krise finden Sie hier.

Antworten auf häufig gestellte Fragen beantwortet die Website des (Staatssekretariats für Wirtschaft) Seco.

Viele Kantone und das Seco haben eine Hotline für Unternehmen und Angestellte eingerichtet:

Seco-Infoline für Unternehmen: 058 462 00 66 (Mo bis Fr, 07.00 bis 20.00 Uhr).

Kantonale Hotlines finden Sie über die Websites der Kantone, zum Beispiel derjenigen des Kantons Thurgau.

Einen Online-Rechner, mit dem Sie die Höhe der Kurzarbeitsentschädigung provisorisch überschlagen können, finden Sie hier

Habe ich als Inhaber einer AG oder GmbH Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung?


Befristet war dies bis zum 31. Mai möglich. Gesellschafter einer AG oder GmbH, die in ihrem Unternehmen tätig sind und einen Lohn beziehen, hatten aufgrund der Corona-Krise Anspruch auf die besondere Kurzarbeitsentschädigung. Das Ende der Anspruchsberechtigung für diese Personengruppe begründet der Bundesrat unter anderem mit dem Auslaufen der Erwerbsersatzentschädigungen für direkt und indirekt betroffene Selbständigerwerbende, für die die Covid-Massnahmen am 16. Mai aufgehoben wurden.

Die Aufhebung der besonderen Kurzarbeitsentschädigung zum 31. Mai betrifft auch die Ehe- und eingetragenen Partner, die im Unternehmen mitarbeiten.

Weitere Informationen dazu gibt es hier.

Habe ich als Selbständiger Anrecht auf eine Entschädigung?


Selbständigerwerbende haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung. Im Rahmen der Corona-Erwerbsersatzentschädigung hat der Bundesrat aber Sofortmassnahmen auch für sie beschlossen. Informationen dazu gibt es im Merkblatt 6.03 – Corona Erwerbsersatzentschädigung (siehe hier).
 

Das ist neu in der Corona-Krise

Selbständigerwerbende können bei der Ausgleichskasse eine Entschädigung beantragen. Der Erwerbsersatz beträgt 80 Prozent des Einkommens, aber maximal 196 Franken pro Tag. Sie haben Anspruch auf Entschädigung, wenn Sie Ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen mussten,

  • weil die Fremdbetreuung von Kindern unter 12 Jahren nicht mehr gewährleistet ist (das dürfte inzwischen eher selten sein),
  • weil Sie sich aufgrund ärztlicher Verordnung in Quarantäne befinden,
  • weil Ihr Geschäft wegen der behördlichen Massnahmen geschlossen wurde (direkt Betroffene) – Beispiele: Restaurant, Massagestudio, Bibliothek,
  • weil Sie einen Erwerbsausfall wegen annullierten Veranstaltungen haben,
  • mit Beschluss vom 16. April auch wenn Sie indirekt betroffen sind, weil aufgrund der Massnahmen Ihre Kunden wegbleiben und Sie weniger Aufträge haben (gilt rückwirkend) – Beispiele: Taxifahrerin, Hotelier, Lieferanten.

Beispiel

Ein Podologe (Einzelfirma) mit zwei Mitarbeitenden muss den Betrieb schliessen. Der eigene Verdienst fällt zu 100 Prozent aus trotz weiterlaufenden Fixkosten. Für die Mitarbeitenden kann der Inhaber des Salons Kurzarbeit beantragen (siehe oben), den eigenen Verdienstausfall meldet er bei der Ausgleichskasse an.

Gut zu wissen: Bis zum 16. April wurden Gesuche von indirekt Betroffenen abgelehnt, weshalb danach auch diese Personen ein Gesuch stellen konnten (rückwirkend ab Erwerbseinbruch oder frühestens ab 17. März).

Wie lange die Entschädigung fliesst, hängt vom Grund für den Ausfall der Erwerbstätigkeit ab: Bei Quarantäne sind es maximal 10 Tage. Für direkt und indirekt betroffene Selbständigerwerbende wurden die Entschädigungszahlungen nach dem 16. Mai aufgehoben. Unter gewissen Umständen können Selbständigerwerbende aber immer noch ein Gesuch stellen (siehe «Gesuch auf EO-Entschädigung: Das sollten Selbständige wissen»).

Gut zu wissen: Auch Selbständigerwerbende können die Höhe ihrer regelmässigen Akontobeiträge an die AHV/IV/EO/ALV anpassen lassen, wenn die Summe der Löhne wesentlich gesunken ist.

Gesuch auf EO-Entschädigung: Das sollten Selbständige wissen

Gut zu wissen: Mittlerweile ist kein Betrieb mehr offiziell von der Schliessungspflicht betroffen. Wenn Sie jedoch zu jenen Selbständigen gehören, die ein für die Wiedereröffnung massgebliches Schutzkonzept nicht einhalten können, dann muss Ihr Geschäft weiter geschlossen bleiben und der Anspruch auf eine Entschädigung kann weiterbestehen. Melden Sie sich am besten bei der Ihr zuständigen Ausgleichskasse. Weiterhin ausgezahlt werden Leistungen auch nach dem 6. Juni, wenn Sie vom Veranstaltungsverbot betroffen sind.

Die Entschädigung wird durch die AHV-Ausgleichskassen ausgerichtet – und zwar monatlich rückwirkend. Zwischen Anmeldung und Auszahlung liegt also in der Regel ein Monat.


Haben Sie zu wenig Geld von der Ausgleichskasse erhalten?

Grundsätzlich macht ein Wiedererwägungsgesuch auf Neuberechnung der Erwerbsersatzentschädigung dann Sinn, wenn die Akontobeiträge für 2019 nicht auf die neueste verfügbare Steuerveranlagung durch die Ausgleichskasse angepasst wurde. Es geht also um Fälle, in welchen die Ausgleichskasse die Akontobeiträge nicht aktualisiert hat, was bei den betroffenen Versicherten unter Umständen zu einer zu tiefen Corona-Erwerbsentschädigung geführt hat.

Versicherte können in dieser Situation bei der Ausgleichskasse eine Neuberechnung ihres Corona-Erwerbsersatzes verlangen. Ebenso können Versicherte, bei welchen inzwischen eine definitive Steuerveranlagung 2019 vorliegt (das dürfte eher selten sein), eine Neuberechnung aufgrund dieser Einkommensbasis verlangen.

Die Kassen sind in der Regel sehr offen und gehen unkompliziert auf Anliegen bezüglich der Berechnung ein, wie dieser Beratungsfall des Beobachters Beobachter löst den Fall Doch noch Corona-Erwerbsersatz erhalten zeigt.

Weitere Informationen zur Entschädigung der Selbständigerwerbenden finden Sie hier:

Zwei Mal pro Woche direkt in Ihre Mailbox
Dominique Strebel, Beobachter-Chefredaktor
Zwei Mal pro Woche direkt in Ihre Mailbox