Wegweiser

KMU in der Corona-Krise: Was kann ich tun?

Von Beobachter und Handelszeitung
am 02.04.2020 - 09:53 Uhr
Quelle: Getty Images/iStockphoto

Teilen

Merken

Drucken

Article teilen

Die Corona-Pandemie stellt KMU vor grösste Herausforderungen. Das Geschäft ist geschlossen, der Umsatz bricht ein, das hat wiederum Folgen für die Zulieferer. Ein Domino-Effekt, den es mit allen möglichen Massnahmen aufzuhalten gilt. Die betroffenen Unternehmen kämpfen ums Überleben – dabei unterstützen wir Sie ganz konkret mit dem KMU-Krisenmanager.

Das Wichtigste zuerst

  • Eine ungerechtfertigte Betreibung lässt sich einfach stoppen. Ist eine Forderung aber gerechtfertigt, werden Sie im Betreibungsverfahren unterliegen.
  • Nehmen Sie Anzeichen einer betriebsbedrohenden Krise ernst und handeln Sie frühzeitig – holen Sie sich die Hilfe von Fachleuten.
  • Die rasche, unbürokratische Covid-19-Stundung hilft, einen Konkurs abzuwenden – vorausgesetzt, Ihr Unternehmen war vor der Coronakrise finanziell gesund.
  • Wenn tatsächlich die Insolvenz droht, fragen Sie sich ehrlich: Lässt sich mein Unternehmen noch sanieren? Oder ist es besser, den Konkurs sauber abzuwickeln? Manchmal erwachsen aus einem solchen Ende neue Chancen.

 

Wenn Lieferanten Sie betreiben


Sie haben von einem Ihrer Lieferanten eine Betreibung erhalten. Die erste Frage lautet: Ist sie gerechtfertigt oder nicht?

Gut zu wissen: In der Schweiz kann jeder jeden betreiben – ohne dass man einen Grund angeben müsste. Ob die Betreibung gerechtfertigt ist, wird erst geprüft, wenn Sie sich wehren.
 

Betreibung nicht gerechtfertigt

Gut möglich, dass Sie die Rechnung des Lieferanten zu Recht nicht bezahlt haben. Weil sie deutlich höher war als abgemacht, weil die Lieferung nicht den vereinbarten Spezifikationen entsprach oder weil Sie gar nichts bestellt haben. Wenn der Lieferant Sie dennoch betreibt, können Sie sich einfach wehren: Schreiben Sie auf den Zahlungsbefehl «Ich erhebe Rechtsvorschlag», setzen Sie Datum und Unterschrift dazu und schicken Sie das Ganze an das zuständige Betreibungsamt. Dafür haben Sie zehn Tage Zeit.

Zieht der Lieferant die Betreibung weiter, muss ein Gericht den Streit in einem Anerkennungsverfahren klären. Unternimmt er nichts, verliert der Zahlungsbefehl nach einem Jahr die Gültigkeit.

Der Eintrag im Betreibungsregister bleibt trotzdem während fünf Jahren bestehen und ist für alle, die ein Interesse nachweisen können, einsehbar. Das ist ein Nachteil, vor allem wenn Sie mit neuen Partnern ins Geschäft kommen wollen. Sie können versuchen, die Betreibung aufheben zu lassen, indem Sie beim Gericht ein Gesuch um Löschung stellen. Dies ist aber nur möglich, wenn Sie nachweisen können, dass die Forderung auf einem Irrtum beruht oder dass Sie die offene Rechnung samt Zins beglichen haben – vor Einleitung der Betreibung. Und es fallen Gerichtskosten an.

Eine weitere Möglichkeit ist, die Löschung der Betreibung mit einer gerichtlichen Klage einzufordern (negative Feststellungsklage). Dieser Weg verursacht allerdings noch höhere Gerichtskosten. Holen Sie deshalb zuerst rechtliche Beratung ein.
 

Wenn die Forderung berechtigt ist

Besser ist natürlich, es gar nicht bis zur Betreibung kommen zu lassen. Suchen Sie das Gespräch mit dem Lieferanten und bitten Sie um Zahlungsaufschub (Stundung). Schlagen Sie ihm eine Stundungsvereinbarung vor, eine Vorlage finden Sie hier.

Wenn der Lieferant nicht darauf eingeht, wird er irgendwann eine Betreibung gegen Ihr Unternehmen einleiten. Auch dann können Sie zwar Rechtsvorschlag erheben, aber Sie gewinnen damit nur etwas Zeit. Der Lieferant wird umgehend die Rechtsöffnung verlangen und die Betreibung so bald wie möglich fortsetzen.

Wenn Sie es noch nicht getan haben, suchen Sie spätestens zu diesem Zeitpunkt den Kontakt zum Lieferanten und begleichen Sie wenn möglich die Schuld samt Zinsen und Betreibungskosten. Wenn Sie sofort bezahlen, ist der Lieferant eventuell bereit, die Betreibung zurückzuziehen. Dann erscheint sie nicht mehr im Betreibungsregister.

Falls Ihnen die Begleichung der Schuld nicht möglich ist und der Lieferant die Betreibung weiterzieht, kommt es zu einem Gerichtsverfahren, das Sie wahrscheinlich verlieren werden. Die Kosten für das ganze Betreibungsverfahren, die Gerichtsgebühren und allenfalls auch die Entschädigung für den Anwalt des Lieferanten müssen Sie übernehmen. Das kann Tausende Franken kosten (ein Merkblatt zu den Gebühren finden Sie hier).

 

Anerkennungsklage auf dem zivilen Prozessweg

  • Sind Sie nicht im Besitz eines Beweismittels oder hat das Gericht im Rechtsöffnungsverfahren gegen Sie entschieden, müssen Sie den Rechtsvorschlag in einem Zivilprozess beseitigen.
  • Dafür müssen Sie beim für den Betreibungsort zuständigen Friedensrichteramt innerhalb eines Jahres seit Zustellung des Zahlungsbefehls eine Anerkennungsklage einreichen. 
  • Im Gegensatz zum Rechtsöffnungsverfahren, werden hier im ordentlichen Verfahren auch Zeugen als Beweismittel zugelassen.
  • Ein Zivilprozess ist aufwendiger und komplizierter als ein Rechtsöffnungsverfahren.
  • Gewinnen Sie als Gläubiger den Prozess, hebt das Gericht den Rechtsvorschlag des Schuldners auf und Sie können beim Betreibungsamt das Fortsetzungsbegehren einreichen. 
  • Verlieren Sie den Prozess, bleibt der Rechtsvorschlag bestehen. Das Betreibungsverfahren ist beendet.

Gut zu wissen: Legen Sie das Beweismittel sowie den Zahlungsbefehl bei, wenn Sie Ihre Anerkennungsklage einreichen.

Rechtsöffnungsverfahren

  • Das Rechtsöffnungsbegehren stellen Sie beim Bezirksgericht am Betreibungsort. Eine Vorlage dafür finden Sie hier (zum Download).
  • Im Rechtsöffnungsverfahren legen Sie als Gläubiger dem Richter Ihr Beweismittel vor, zum Beispiel eine unterzeichnete Schuldanerkennung (Bestellung, Kaufvertrag), ein vollstreckbares Gerichtsurteil oder eine öffentliche Urkunde.
  • Im Verfahren wird auch der Schuldner befragt. Er kann einwenden, dass die Schuld bezahlt, gestundet oder verjährt sei. Seine Einwendungen muss er nicht beweisen, sondern nur glaubhaft machen.
  • Gewinnen Sie als Gläubiger, erteilt Ihnen das Gericht die Rechtsöffnung. Sie können die Betreibung anschliessend mit dem Fortsetzungsbegehren fortsetzen. Dieses Begehren können Sie frühestens 20 Tage und spätestens ein Jahr seit der Zustellung des Zahlungsbefehls einreichen. Die Frist steht zwischen Einleitung und Erledigung des Rechtsvorschlags still.
  • Verlieren Sie als Gläubiger und lehnt das Gericht die Rechtsöffnung ab, können Sie eine Anerkennungsklage einreichen.

Gut zu wissen: Legen Sie das Beweismittel sowie den Zahlungsbefehl bei, wenn Sie Ihr Rechtsöffnungsbegehren einreichen.

Konkurse vermeiden – Massnahmen in Coronazeiten


Die einschneidenden Wirkungen der Coronakrise werden über kurz oder lang das Überleben vieler KMU ernsthaft infrage stellen. Welche Betriebe es am meisten treffen wird, hängt auch davon ab, auf welcher finanziellen Basis sie vorher aufgebaut waren und mit welcher Widerstandkraft sie dem Sturm trotzen können.

Für von der Coronakrise geschüttelte Unternehmen hat der Bund auch im Bereich Überschuldung gezielte Massnahmen getroffen, um Konkurse und den Verlust von Arbeitsplätzen zu verhindern. Die neue Verordnung hat das Ziel, KMU zu schützen, die allein aufgrund der aktuellen Situation in einen Liquiditätsengpass geraten sind. Seit dem 20. April 2020 sind dazu zwei neue Regelungen in Kraft:

  • befristete COVID-19-Stundung
  • befristete Entbindung von der Pflicht zur Überschuldungsanzeige

Die Covid-19-Stundung

Auch in normalen Zeiten gibt es das Instrument der Nachlassstundung, mit dem Unternehmen versuchen können, gemeinsam mit ihren Gläubigern einen drohenden Konkurs abzuwenden. Nur ist dies für kleinere Unternehmen meist zu aufwendig und zu teuer. Neu hat der Bundesrat deshalb eine rasche, unbürokratische Stundung für KMU eingeführt. Die Voraussetzung dafür: Das Unternehmen war am 31. Dezember 2019 finanziell gesund, sprich nicht überschuldet. Für die Covid-19-Stundung muss kein Sanierungsplan vorliegen. Sie wird vorerst für drei Monate gewährt und kann um weitere drei Monate verlängert werden.

Gut zu wissen: Nicht erfasst von der Stundung sind Lohnforderungen und Alimentenansprüche. Diese müssen Sie weiterhin bezahlen. Und: Die Stundung wird im Amtsblatt publiziert. Sie müssen also damit rechnen, dass Sie anschliessend nur noch gegen Vorauszahlung beliefert werden.

Entbindung von der Pflicht zur Überschuldungsanzeige

Unternehmen, die einer gesetzlichen Anzeigepflicht bei Kapitalverlust und Überschuldung unterstehen – also vor allem AG und GmbH –, sind in normalen Zeiten verpflichtet, bei einer drohenden Überschuldung unverzüglich das Konkursgericht zu benachrichtigen (mehr dazu lesen Sie hier. Von dieser Pflicht sind solche Unternehmen aktuell befreit, wenn:

  • das Unternehmen am 31. Dezember 2019 nicht überschuldet war und
  • die Aussicht besteht, dass es die Überschuldung nach der Coronakrise, das heisst bis am 31. Dezember 2020, beheben kann.

Sind diese beiden Punkte nicht erfüllt, kann das Unternehmen nach wie vor auch eine Nachlassstundung beantragen.
 

Weitere Informationen

Der Krise ins Auge sehen


Hatte Ihr Unternehmen schon vor der Coronakrise mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen und gerät deshalb jetzt erst recht in Schieflage? Wenn sich die Anzeichen einer ernsthaften Krise verdichten, müssen Sie diese Faktoren nicht nur präzis im Auge behalten, sondern falls nötig auch handeln. Solche Warnsignale zu ignorieren, kann Sie teuer zu stehen kommen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, heisst es, doch handeln ist besser als hoffen.

Das sind Warnsignale

Die Anzeichen für eine betriebsbedrohende Krise sind vielfältig:

  • Absatz und Umsatz brechen ein.
  • Die Margen gehen zurück.
  • Die Lagerbestände steigen.
  • Die Liquidität verbessert sich trotz der eingeleiteten Massnahmen nicht (mehr zu Massnahmen für die Liquiditätsbeschaffung lesen Sie hier).
  • Sie sind nicht mehr in der Lage, die laufenden Ausgaben zu decken.
  • Sie überziehen die Bankkredit-Limiten.
  • Sie begleichen Lieferantenrechnungen erst im letzten Moment mit der Folge, dass Sie verzögert oder gar nicht mehr beliefert werden.
  • Die Mitarbeiter erfüllen die Aufträge nicht mehr termingerecht.
  • Darunter leidet der Ruf Ihrer Firma, Stammkunden springen ab.
  • Sie verschieben dringende Investitionen aufs nächste Jahr.
  • Sie zahlen sich als Inhaber oder Inhaberin keinen Lohn mehr aus.
  • Erste Betreibungen treffen ein.
  • Die Stimmung kippt: Mitarbeiter beginnen, sich nach anderen Jobs umzusehen.


Richtig reagieren

Je früher Sie die Krise angehen, desto grösser ist die Chance, sie zu bewältigen. Externe Fachpersonen, etwa ein Treuhänder oder eine Sanierungsspezialistin, sind in der Lage, die Situation realistisch einzuschätzen und Sie zum weiteren Vorgehen zu beraten. Eine Dienstleistung, die zwar kostet, Sie aber weiterbringt.

Sie selber können einiges zu einer speditiven Zusammenarbeit mit dem Spezialisten beitragen. Als Vorbereitung auf die Gespräche sollten Sie sich die folgenden selbstkritischen Fragen stellen – und ohne Schönfärberei beantworten:

  • Ist das Überleben unserer Firma wirklich realistisch?
  • Was müsste eintreffen, damit sich eine spürbare Verbesserung ergibt?
  • Welche Punkte können wir zur Verbesserung beitragen und welche Faktoren liegen schlicht nicht in unserer Macht?
  • Wie lange halten wir noch durch?
  • Vergrössern wir den Schaden durchs Weitermachen nur noch mehr?
  • Wäre es nicht leichter und entlastender aufzugeben, um die Verschuldung in Grenzen zu halten?
  • Kann ich mir ein Leben danach vorstellen?
     

Noch muss es nicht so weit sein, aber Sie sollten im Hinterkopf behalten: Eine Krise zwingt einen manchmal dazu, den Weg in eine andere Richtung aufzugleisen, und kann eine zweite oder dritte Chance eröffnen.

Wenn der Konkurs droht: Sanierung oder Liquidierung?


Das Wichtigste: Versuchen Sie Ruhe zu bewahren und weder den Kopf noch den Mut zu verlieren. Zwar ist bei drohender Insolvenz Ihr Handlungsspielraum beschränkt, aber er ist da. Suchen Sie mit einer Fachperson zuerst Möglichkeiten, um das Problem zügig in den Griff zu bekommen, und analysieren Sie danach, wie die Probleme entstanden sind und wie Sie sie in Zukunft vermeiden können. Ziel ist, das Steuer herumzureissen, ein Turnaround.

Gut zu wissen: Für die Aufgabe, Ihren Betrieb zu sanieren, ist der eigene Treuhänder die falsche Person. Ziehen Sie besser eine externe Fachperson bei, die sich auf Sanierungen spezialisiert hat. Die meisten Banken verlangen, dass bei einer Sanierung ein Sanierungsspezialist beigezogen wird.
 

Wie finde ich einen Turnaround-Manager?

Erkundigen Sie sich bei Ihrem Branchenverband, bei einem Mitbewerber Ihres Vertrauens, der die Branche kennt, oder bei Ihrer Bank. In vielen Fällen sucht die Hausbank bei finanziellen Schwierigkeiten von sich aus das Gespräch mit einem kriselnden Unternehmen, da sie daran interessiert ist, das ausgeliehene Geld zurückzuerhalten.

Wichtig: Ein Sanierungsspezialist muss über eine solide Ausbildung verfügen und bereits Erfahrungen mit Sanierungen vorweisen können. Erkundigen Sie sich nach Referenzen. Fragen Sie Ihre Treuhänderin, ob sie eine ausgewiesene Fachperson kennt. Auch Ihre Bank wird Ihnen einen Sanierungsspezialisten empfehlen können.
 

Was geschieht bei einer Sanierung?

Sie reissen das Ruder herum und steuern in eine neue Richtung. Dieser Schritt ist schmerzhaft und verlangt von allen grosse Opfer. Wenn er aber gelingt, ist das Unternehmen gerettet. Die Sanierungsspezialistin analysiert zuerst, wie die jetzige Situation entstanden ist: Welche Ursachen haben mit welcher Wirkung zur Krise beigetragen? Mit welchen Veränderungen gelingt der Richtungswechsel? Wie wird der Betrieb wieder rentabel?

Es gibt zahlreiche wirkungsvolle Sanierungsmassnahmen – eine Auswahl:

  • Stellen Sie unrentable Produktlinien ein.
  • Beschleunigen Sie die Durchlaufzeiten von der Beschaffung bis zum Inkasso.
  • Reduzieren Sie den Sachaufwand, zum Beispiel Bürofläche, Maschinenunterhalt.
  • Führen Sie personelle Massnahmen durch: Entlassungen, Lohnkürzungen, Verbesserungen im Vertrieb, beispielsweise mit einem neuen Verkaufsleiter, und anderes mehr.

Wichtig: Kommunizieren Sie die Sanierungsmassnahmen immer zuerst Ihren Angestellten gegenüber. Je ehrlicher Sie die Lage und das weitere Vorgehen schildern, desto grösser ist die Chance, dass diese Ihnen die Stange halten und aktiv zum Turnaround beitragen.

Die Umsetzung einer solchen Sanierung kann ein bis zwei Jahre dauern. Wenn der Turnaround nicht gelingt, gibt es drei Möglichkeiten: Verkauf, freiwillige Liquidation, Nachlassverfahren.

Lässt sich das Unternehmen verkaufen?

Mit einem Verkauf können Sie den drohenden Konkurs abwenden. Erstellen Sie einen Businessplan, lassen Sie das Unternehmen bewerten, suchen Sie potenzielle Käufer und nehmen Sie die Verhandlungen auf.

Potenzielle Käufer können unter Umständen Ihre Kadermitarbeiter sein (Management Buy-out). Allenfalls kann Ihnen Ihre Hausbank Kaufinteressenten vermitteln. Oder Sie wenden sich an einen professionellen Partner, der sich auf Unternehmensverkäufe und -bewertungen spezialisiert hat und die ganze Transaktion übernehmen kann. Es gibt zudem spezialisierte Onlineplattformen, auf denen sich Käufer und Verkäufer von Unternehmen treffen können (zum Beispiel www.axtradia.ch, www.businessbroker.ch, www.companymarket.ch, www.nexown.ch). Aber Achtung: Ein Unternehmensverkauf kann langwierig sein, es braucht meist zähe Verhandlungen – vor allem wenn ein Unternehmen finanziell angeschlagen ist.

Gut zu wissen: Informieren Sie Ihre Angestellten erst über die Verkaufsverhandlungen, wenn sich eine konkrete Lösung abzeichnet. Sonst riskieren Sie, dass gerade die guten Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Das verändert die Ausgangslage aus Sicht des Käufers und kann zu einer Neubeurteilung des Firmenwerts oder zu einem Verhandlungsabbruch führen.

Die freiwillige Liquidation

Die freiwillige Liquidation ist ein geordneter Rückzug. Ihr Vorteil dabei: Sie können die vorhandenen Aktiven zu einem besseren Preis verkaufen als bei einem Konkurs. Zudem können Sie laufende Aufträge noch ausführen und so das Warenlager abbauen. Und so läuft der geordnete Rückzug ab:

  • Stellen Sie einen groben Plan auf und legen Sie fest, wie lange die geschäftlichen Tätigkeiten noch dauern.
  • Informieren Sie Ihre Mitarbeitenden, die wichtigsten Kunden, den Vermieter und die Banken über den Liquidationsplan.
  • Senken Sie die Kosten, indem Sie Miet-, Arbeits-, Versicherungs- und Kreditverträge kündigen.
  • Stellen Sie einen Verkaufsplan auf, wie Sie vorhandene Waren veräussern wollen.
  • Verkaufen Sie die Aktiven, zahlen Sie das Fremdkapital zurück und verteilen Sie den Liquidationsgewinn unter den Eigentümern.

Eine solche stille Liquidation ist nur möglich, wenn die finanziellen Mittel ausreichen, um alle Gläubiger zu befriedigen. Ist das nicht der Fall, ist der nächste Schritt das Nachlass- oder das Konkursverfahren.

Gut zu wissen: Je nach Unternehmensform müssen Sie bei einer Liquidation andere Gesetzesvorschriften beachten. Mehr Informationen zum Thema Liquidation und Konkurs finden Sie auf der KMU-Plattform des Bundes.

Das Nachlassverfahren

Dieses ist die Alternative zu einem Konkursverfahren: Sie suchen das Gespräch mit den Gläubigern und bitten sie, Ihnen die Forderungen zu stunden – also die Rückzahlung hinauszuschieben – oder auf einen Teil davon zu verzichten. Gehen die Gläubiger darauf ein, schliessen Sie einen aussergerichtlichen Nachlassvertrag ab. Das ist deutlich flexibler und auch günstiger als ein gerichtliches Nachlassverfahren. Doch dieser Weg gelingt nur selten, da alle Gläubiger zustimmen müssen.
 

Anders sieht es beim gerichtlichen Nachlassvertrag aus, dieser kann auch abgeschlossen werden, wenn nicht alle Gläubiger einverstanden sind. Das Verfahren beginnt mit Ihrem Gesuch um Stundung beim Nachlassgericht, das darauf einen Sachwalter bestimmt, der ab jetzt die ganze Abwicklung führt.
 

Gut zu wissen: Ein Nachlassverfahren ist aufwendig. Es muss ausgehandelt werden, welche Gläubiger wie viel erhalten und ob das Unternehmen anschliessend weitergeführt werden kann. Für kleinere KMU ist es oft auch zu kostspielig. Die Covid-19-Stundung hilft da rascher und unbürokratisch. Allerdings sind damit die Schulden nur aufgeschoben. Wenn das Nachlassverfahren gelingt, sind sie teilweise oder ganz vom Tisch.

Den Konkurs sauber abwickeln

Wenn keiner der beschriebenen Wege zum Ziel führt, bleibt nur noch der Konkurs. Entweder Sie warten, bis ein Gläubiger Ihre Firma in den Konkurs treibt, oder Sie melden sich selber beim Konkursgericht. Als Inhaber einer AG oder GmbH sind Sie an sich verpflichtet, dem Gericht die Überschuldung Ihrer Firma zu melden und die Bilanz zu deponieren. In der Coronakrise sind Sie von dieser Pflicht vorläufig befreit.

Ihrer Überschuldungsanzeige müssen Sie folgende Unterlagen beilegen:

  • einen Mehrheitsbeschluss des Gesamtverwaltungsrats – bei einer GmbH der Geschäftsführung – über die Anzeige der Überschuldung
  • die Zwischenbilanz zu Fortführungs- und Liquidationswerten
  • den Bericht eines zugelassenen Revisors

Inhaber einer AG oder GmbH können stattdessen dem Konkursrichter auch eine Insolvenzerklärung mit einem vom Notar beurkundeten Auflösungsbeschluss der Generalversammlung der Aktionäre respektive der Gesellschafterversammlung einreichen.

Sind Sie Inhaber einer Einzelfirma oder Mitinhaber einer Kollektivgesellschaft genügt es, wenn Sie eine Insolvenzerklärung abgeben. Diese müssen Sie beim Gericht an Ihrem Wohnsitz oder am Firmensitz einreichen.

Wenn der Richter nach Prüfung der Unterlagen den Konkurs über Ihr Unternehmen eröffnet, löst sich die Firma auf. Ob Inhaber einer Einzelfirma, Verwaltungsrat einer AG oder Geschäftsführer einer GmbH – ab sofort dürfen Sie nicht mehr über die Vermögenswerte Ihrer Firma verfügen. Das Konkursamt nimmt ein Inventar über das Vermögen der Firma auf, das Sie unterschreiben müssen. Während des ganzen Verfahrens haben Sie dem Konkursamt zur Verfügung zu stehen.

Ihre Pflicht als Arbeitgeber geht jedoch weiter: Weisen Sie Ihre Angestellten darauf hin, dass sie sich beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) oder der Gemeinde als arbeitslos anmelden sollen. Falls noch offene Lohnforderungen bestehen, haben die Mitarbeitenden eine Insolvenzentschädigung zugut. Diesen Anspruch müssen sie bei der öffentlichen Arbeitslosenkasse am Ort des Konkursamts anmelden.

Der Neuanfang

Der Konkurs bedeutet das Ende Ihres Unternehmens, für Sie selber muss er das nicht sein. Im Gegenteil: Der harte Schnitt gibt Ihnen die Chance, Ihr Leben auf neue Schienen zu lenken. Befreit vom fordernden Alltag und den Sorgen als Unternehmer können Sie sich Zeit nehmen, Ihre Bedürfnisse und Wünsche zu erforschen. Wie zufrieden waren Sie wirklich als Unternehmer? Haben Sie Talente und Interessen, die im Unternehmeralltag zu kurz gekommen sind? Was davon möchten Sie vertiefen? Was könnte ein wichtiger Teil Ihrer Zukunft werden? Stellen Sie langjährige Gewohnheiten infrage und entwickeln Sie neue Lebensstrategien. Das braucht Mut und Zeit, doch am Ende des Weges kann ein echter Neuanfang stehen.

Zwei Mal pro Woche direkt in Ihre Mailbox
Dominique Strebel, Beobachter-Chefredaktor
Zwei Mal pro Woche direkt in Ihre Mailbox