Die Welt nach Corona Titel BILANZ

Wirtschaft, Politik, Arbeit: Wie die Pandemie alles verändern wird

Von Marc Kowalsky
am 06.05.2020 - 15:27 Uhr
Quelle: Keystone, Shutterstock, Getty Images, Ivo Scholz/swiss-image.ch, Stefan Albrecht/PR

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Wenn die Welt aus dem Corona-Koma erwacht, wird sie eine andere sein: Neue Realitäten entstehen, bestehende Trends beschleunigen sich massiv.

Überhaupt wird der Staat stärker als je zuvor. Es liegt an ihm allein, Wirtschaft und Wohlstand mit fiskal- und sozialpolitischen Massnahmen am Leben zu erhalten – auch weil die heilige Kuh der schwarzen Null jetzt geschlachtet wurde und viele Staaten inzwischen besser dastehen als zu Zeiten der Finanzkrise.

«Die Schweiz hat eine wirksame Finanzinfrastruktur und ein hervorragendes soziales Netz», so der ehemalige Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand in der «NZZ am Sonntag»: «Die Krise widerlegt all jene, die den Sozialstaat über Jahre hinweg verteufelt haben.»

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Die Mittel der Notenbanken hingegen, Zinssenkungen und Geldschwemme, haben ihre Wirkung in den letzten Jahren weitgehend verloren.

Die Unternehmen, Bürgerbewegungen oder NGOs haben zur Krisenbewältigung kaum etwas beigetragen. Die Folge: «Die Regierungen werden in fast allen Nationalstaaten als Führungsinstanzen gestärkt aus dieser Krise hervorgehen.

Schweizer Grenzwaechter, am Grenzuebergang zwischen Au in der Schweiz und dem oesterreichischen Lustenau, am Montag, 16. Maerz 2020, in Au. Oesterreich hatte eine Verschaerfung der Grenzkontrollen in Zusammenhang mit dem Coronavirus angekuendigt. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)
Foto: Keystone
Foto: Keystone

Die neoliberale Orthodoxie, die den Staat glaubensmässig für ineffizient hält, wird sich einige Jahre kleinlaut ducken», sagt der frühere Preisüberwacher und Nationalrat Rudolf Strahm.

Oder anders ausgedrückt: Im Ideologiekampf Nachtwächterstaat vs. Nannystaat hat der Nachtwächter bis auf Weiteres einen sehr schweren Stand.

Selbst in den USA und in Grossbritannien, wo die Diskussion um eine stärkere Verstaatlichung des Gesundheitssystems angesichts des Versagens in der Krise neuen Schub gewonnen hat.

Einige Massnahmen werden die Krise überstehen

Kommt hinzu: Die Bürger in Demokratien haben noch nie freiwillig so schnell und so massiv auf ihre Freiheiten und Rechte verzichtet, etwa Gewerbe-, Versammlungs- oder Bewegungsfreiheit. Doch temporäre Massnahmen haben die Eigenheit, den Notstand zu überdauern, weil ja stets ein neuer Notstand droht.

Zahllose autokratische Regierungen – in Thailand, auf den Philippinen, in Kambodscha, in Ungarn – nutzten die Corona-Krise, um sich umfassende Sondervollmachten zu geben, die sie aber weniger gegen die Pandemie als vielmehr gegen die Opposition einsetzen.

China hat das Social-Scoring-System noch einmal ausgebaut und zwingt seine Bürger, Körpertemperatur und Gesundheitszustand via App zu melden.

In Hongkong müssen Quarantänepflichtige Armbänder tragen, die ihren Standort an die Behörden melden: Der Ausbruch des Coronavirus erweise sich als «ein Meilenstein in der Geschichte der Ausbreitung der Massenüberwachung», so die Hongkonger Menschenrechtlerin Maya Wang.

Auch im Westen gibt es erste Stimmen, die auf eine Veröffentlichung von Infiziertendaten drängen – für Datenschützer ist das ein Albtraum.